Zustellung per E-Mail: AG Hanau stärkt Bedeutung des elektronischen Zugangs
23. Juli 2025
Die Kommunikation per E-Mail ist im Geschäftsleben längst Standard – doch wann gilt eine E-Mail tatsächlich als zugestellt? Diese Frage hat das Amtsgericht Hanau mit Urteil vom 3. März 2025 (Az. 32 C 226/24) in einem praxisrelevanten Fall aufgegriffen. Die Entscheidung stärkt die rechtliche Wirkung elektronischer Nachrichten und klärt: Eine E-Mail gilt bereits dann als zugegangen, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt – selbst wenn dieser automatisiert mitteilt, die Adresse werde nicht mehr verwendet.
Diese Klarstellung hat direkte Folgen für Kündigungen, Fristsetzungen und andere geschäftliche Erklärungen, die per E-Mail übermittelt werden.
Wann ist eine E-Mail rechtlich wirksam zugestellt?
Nach ständiger Rechtsprechung gilt eine Erklärung als zugegangen, wenn sie so in den Empfangsbereich des Adressaten gelangt ist, dass unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist. Für die elektronische Kommunikation bedeutet das: Sobald die E-Mail auf dem Server oder im Posteingang abrufbar ist, liegt ein rechtlicher Zugang vor.
Das Amtsgericht Hanau bestätigte nun, dass auch eine automatische Antwort wie „Diese Mailadresse wird nicht mehr verwendet“ den Zugang nicht verhindert, sondern diesen sogar bestätigt. Denn der Autoresponder konnte nur deshalb ausgelöst werden, weil die E-Mail im System des Empfängers angekommen ist. Damit wirkt die automatische Nachricht wie eine Empfangsbestätigung.
Was bedeutet das für Absender und Empfänger?
Die Entscheidung schafft mehr Sicherheit für Absender, die sich auf den Versandzeitpunkt berufen möchten. Gleichzeitig warnt sie Empfänger davor, sich auf deaktivierte oder ungenutzte E-Mail-Adressen zu verlassen, wenn eine verbindliche Kommunikation erwartet wird.
Ein häufiger Irrtum besteht darin zu glauben, eine E-Mail sei erst dann wirksam zugegangen, wenn der Empfänger sie tatsächlich geöffnet oder gelesen hat. Das ist nicht der Fall. Es reicht, dass die Nachricht technisch abrufbar ist und das System des Empfängers sie verarbeitet hat.
Welche Einschränkungen gelten?
Trotz dieser klaren Aussage betont das Gericht auch die Grenzen des Grundsatzes. Wenn für den Absender erkennbar ist, dass die E-Mailadresse nicht mehr aktiv verwendet wird, kann sich daraus eine Pflicht zur Nutzung eines alternativen Kommunikationsweges ergeben. Dieser Grundsatz leitet sich aus dem allgemeinen Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ab.
Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Absender schon zuvor eine Rückmeldung erhalten hat, dass die Adresse nicht mehr betreut wird, oder wenn ein anderer Kontaktweg (etwa per Post oder über ein Online-Portal) ausdrücklich vereinbart wurde.
Typische Anwendungsfälle aus der Praxis
Gerade bei Kündigungen oder anderen Fristwahrungen spielt der Zugang von E-Mails eine zentrale Rolle. Ein klassisches Beispiel: Ein Unternehmen kündigt einem Dienstleister fristgerecht per E-Mail. Kurz darauf geht eine automatische Antwort ein, dass die Adresse nicht mehr betreut werde. Das AG Hanau sieht darin keinen Hinderungsgrund für den Zugang – die Kündigung gilt als wirksam zugestellt.
Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn der Absender schon Wochen zuvor über die Deaktivierung der Adresse informiert worden wäre und dennoch keine alternative Kommunikation gewählt hätte. Dann kann eine Pflichtverletzung vorliegen, weil der gewählte Weg nicht mehr dem üblichen Geschäftsverkehr entsprach.
Fazit: Wer E-Mails empfängt, trägt Verantwortung für den Zugang
Die Entscheidung aus Hanau stärkt die Position von Absendern, die sich auf den formellen Zugang von E-Mails berufen möchten. Eine automatische Antwort stellt kein Hindernis dar, sondern kann im Gegenteil als Bestätigung des Zugangs gewertet werden. Unternehmen und Privatpersonen sollten ihre elektronischen Postfächer daher stets aktuell halten – und beim Versand geschäftlicher Schreiben auf nachvollziehbare Zustellwege achten.
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