DSGVO und immaterieller Schaden: Was das OLG Hamm zur Reichweite von Schadensersatz entschieden hat

25. Juni 2025

Das Thema immaterieller Schadensersatz nach der DSGVO sorgt seit Jahren für Unsicherheit – sowohl bei Betroffenen als auch bei Unternehmen. Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 7. November 2024 (Az. 7 U 83/24) eine wichtige Entscheidung zur Frage getroffen, wann ein immaterieller Schaden im Sinne von Artikel 82 Abs. 1 DSGVO vorliegt und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht. Im Zentrum steht die Frage, ob bereits ein kurzzeitiger Kontrollverlust über personenbezogene Daten eine Entschädigung rechtfertigt – auch ohne konkrete Folgen.

Wann liegt ein immaterieller Schaden nach der DSGVO vor?

Nach Artikel 82 DSGVO steht jeder Person, der durch einen Verstoß gegen die Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Das OLG Hamm stellt nun klar: Auch ein bloßer, kurzfristiger Kontrollverlust über personenbezogene Daten kann ein immaterieller Schaden sein. Es braucht weder den Missbrauch der Daten noch konkrete negative Folgen für die betroffene Person.

Diese Auslegung stärkt zunächst die Rechte der Betroffenen. Gleichzeitig betont das Gericht aber auch: Wer Schadensersatz verlangt, muss den Kontrollverlust oder die Beeinträchtigung plausibel darlegen und glaubhaft machen. Ein bloßes Gefühl der Unsicherheit oder pauschale Behauptungen reichen nicht aus. Im konkreten Fall scheiterte die Klägerin mit ihrer Feststellungsklage, weil sie keine ausreichenden Belege für den behaupteten Kontrollverlust oder sonstige Beeinträchtigungen liefern konnte.

Typische Irrtümer zum immateriellen Schaden

In der anwaltlichen Praxis zeigen sich immer wieder Missverständnisse bei der Durchsetzung von DSGVO-Schadensersatzansprüchen. Viele glauben, ein Datenschutzverstoß allein löse automatisch einen Anspruch aus. Das ist nicht richtig. Zwar können auch psychische Belastungen oder Kontrollverluste einen Schaden darstellen – doch diese müssen konkret, nachvollziehbar und beweisbar sein.

Das OLG Hamm macht deutlich, dass pauschale Angaben nicht ausreichen. Die persönliche Anhörung nach § 141 ZPO kann nur dann erfolgreich sein, wenn sich daraus konkrete Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung ergeben. Fehlt es daran – wie im entschiedenen Fall –, bleibt die Klage erfolglos. Auch eine Feststellungsklage mit Blick auf mögliche zukünftige Schäden wurde zurückgewiesen, da ein rein theoretisches Risiko nicht ausreicht, um ein rechtliches Interesse an der Feststellung zu begründen.

Was sollten Betroffene wissen?

Wenn Sie durch eine Datenschutzpanne betroffen sind und einen Anspruch auf immateriellen Schaden geltend machen möchten, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Halten Sie genau fest, welche Daten betroffen sind und wann der Vorfall stattgefunden hat
  • Dokumentieren Sie, welche Auswirkungen der Vorfall auf Sie hatte – etwa psychische Belastung, Stress oder Kontrollverlust
  • Sammeln Sie Nachweise wie E-Mails, Screenshots oder Zeugenaussagen
  • Bereiten Sie sich gut auf eine mögliche persönliche Anhörung vor

Nur wer den Schaden überzeugend schildert und konkrete Anhaltspunkte liefert, hat eine realistische Chance auf eine Entschädigung.

Ein Fallbeispiel aus der Praxis

Ein Mandant meldet sich nach einem Datenleck bei einem Dienstleister, bei dem seine Kontaktdaten samt Geburtsdatum ungeschützt ins Netz gelangten. Obwohl der Mandant keine unmittelbaren finanziellen Schäden erleidet, schildert er nachvollziehbar die Angst vor Identitätsdiebstahl und den damit verbundenen Schlafproblemen. In einem solchen Fall kann ein immaterieller Schaden vorliegen – wenn die Darstellung glaubhaft und gut belegt ist.

Im Unterschied dazu reicht es nicht, einfach nur anzugeben, dass man „sich unwohl fühlt“ oder „verunsichert“ ist. Das OLG Hamm zeigt, dass eine fundierte und greifbare Argumentation entscheidend ist.

Fazit und rechtlicher Hinweis

Das Urteil des OLG Hamm bringt Klarheit: Ein Datenschutzverstoß kann auch dann einen immateriellen Schaden begründen, wenn keine konkreten negativen Folgen eingetreten sind. Aber: Die bloße Möglichkeit reicht nicht. Die Betroffenen müssen konkret darlegen können, worin die Beeinträchtigung liegt. Das gilt auch für die Feststellungsklage – reine Spekulation über künftige Risiken genügt nicht.

Sie sind von einem Datenschutzverstoß betroffen und möchten wissen, ob Sie Anspruch auf immateriellen Schadensersatz haben? Oder möchten Sie als Unternehmen wissen, wie Sie sich rechtlich gegen überzogene Forderungen absichern können?

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