Digitale Erbschaft: Zugriff auf Social-Media-Konten und rechtliche Folgen
23. Juni 2025
Die Digitalisierung prägt längst nicht mehr nur unseren Alltag, sondern auch das Erbrecht. Immer häufiger stellt sich die Frage, was mit digitalen Konten und Inhalten nach dem Tod geschieht. Das Thema digitale Erbschaft ist rechtlich komplex und für viele Erben mit Unsicherheiten verbunden. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 30. Dezember 2024 (Az. 13 U 116/23) hat hierzu wichtige Klarheit geschaffen. Das Gericht entschied, dass Erben grundsätzlich vollen Zugriff auf das Instagram-Konto des Verstorbenen haben und dieses aktiv weiter nutzen dürfen.
Digitale Vermögenswerte gehören zum Nachlass
Ausgangspunkt dieser Entscheidung ist, dass digitale Vermögenswerte ebenso wie analoge Gegenstände vererbt werden. Mit dem Tod des Kontoinhabers treten die Erben in sämtliche Rechte und Pflichten des Erblassers ein. Das OLG Oldenburg betonte ausdrücklich, dass dies nicht nur einen Anspruch auf passive Nutzung – also das bloße Lesen von Nachrichten und Inhalten – umfasst. Vielmehr können die Erben das Konto auch aktiv nutzen, etwa Beiträge veröffentlichen, Nachrichten versenden oder Einstellungen ändern. Mit diesem Urteil wurde klargestellt, dass digitale Inhalte und deren Verwaltung Teil des Nachlasses sind.
Häufige Irrtümer: Plattformen dürfen den Zugang nicht einfach verweigern
In unserer Beratungspraxis erleben wir häufig, dass Erben gar nicht wissen, dass ihnen ein solch umfassender Zugriff zusteht. Viele glauben fälschlicherweise, dass die Plattformen wie Instagram, Facebook oder andere soziale Netzwerke den Zugriff verweigern dürfen. Tatsächlich können die Anbieter zwar Sicherheitsprüfungen durchführen, aber die Erben haben grundsätzlich Anspruch auf die gleichen Rechte, die der Verstorbene innehatte. Ein typisches Beispiel aus unserer Praxis: Eine Ehefrau wollte nach dem Tod ihres Mannes dessen Instagram-Account weiterführen, um dessen Andenken zu wahren und mit gemeinsamen Freunden verbunden zu bleiben. Anfangs verweigerte die Plattform den Zugriff, da die Frau nicht als ursprüngliche Kontoinhaberin galt. Nach rechtlicher Klärung konnte sie jedoch das Konto aktiv übernehmen und verwalten.
Risiken und Pflichten beim digitalen Nachlass
Typische Fehler und Risiken ergeben sich oft schon bei der Beantragung des Zugriffs. Viele Erben legen nicht alle notwendigen Unterlagen vor oder geben sich mit einem eingeschränkten Lesezugriff zufrieden. Dabei steht ihnen nach aktueller Rechtsprechung ein vollumfänglicher Zugang zu, der auch die aktive Nutzung beinhaltet. Außerdem unterschätzen viele Erben, dass sie durch den Zugriff auch die rechtliche Verantwortung für den Account übernehmen. Dazu gehört zum Beispiel die Einhaltung von Datenschutzpflichten und das sorgfältige Verwalten von Inhalten, die sensible Daten Dritter enthalten können.
Bedeutung des Urteils für Erben und Plattformbetreiber
Für Unternehmen wie Plattformbetreiber bedeutet das OLG-Urteil, dass sie den Zugriff auf Social-Media-Konten von Verstorbenen nicht ohne Weiteres verweigern dürfen. Für Erben bedeutet es, dass sie nicht nur Erinnerungen sichern können, sondern auch alle damit verbundenen Rechte und Pflichten übernehmen. Deshalb ist es besonders wichtig, sich im Vorfeld gut zu informieren und gegebenenfalls rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um die Interessen aller Beteiligten zu wahren.
Rechtssichere Begleitung
Wenn Sie als Erbe oder Erbin unsicher sind, ob und wie Sie Zugriff auf digitale Konten des Verstorbenen erhalten oder welche rechtlichen Folgen sich daraus ergeben, unterstützen wir Sie gerne. Als spezialisierte Datenschutz-Kanzlei helfen wir Ihnen, Ihre Rechte durchzusetzen und digitale Nachlassangelegenheiten rechtssicher zu regeln. Kontaktieren Sie uns für eine persönliche Beratung oder vereinbaren Sie direkt einen Termin – wir stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.